Guten Start ins neue Jahr:)

Ja gut, der Artikel ist wohl schon etwas älter, lohnt sich aber trotzdem noch zu lesen;)

 

 

Silvester ist ja jetzt schon eine ganze Weile her und ich hoffe, ihr seid alle gut ins neue Jahr gestartet. Für uns war Silvester (ähnlich wie Weihnachten) dieses Jahr sehr spontan und im Grunde ohne dass wir irgendwas von dem wussten, was passieren wird. Das einzige, das wir wussten und organisierten, war, dass am Mittag des 31. Dezembers Debby, eine der beiden Voluntäre in Madurai, am New Busstand in Salem ankam. Nachdem wir dann glücklich erkannt hatten, dass der Busstand mehr als nur eine Einfahrt hat (was aufgrund dessen, dass wir gar nicht auf diese Idee kamen, zu einiger Verwirrung beim Abholen von Debby geführt hat), saßen wir etwas später mit Debby im Auto in Richtung Sharon und haben uns einfach gefreut, dass wir es nach langem Hin- und Herorganisieren tatsächlich geklappt hat, gemeinsam Silvester zu feiern. Daheim angekommen haben wir uns nach kurzem Überlegen dazu entschieden, zur Feier des Tages ein richtiges Brot zu backen. Klingt jetzt vielleicht nicht so spannend, aber es hat unseren Start ins neue Jahr doch stark geprägt. Anschließend haben wir uns dann noch an einen Schokoladenkuchen gemacht, der aber erst nach dem 2 1/2-stündigen (?) Gottesdienstes in den Ofen konnte. Der Gottesdienst war eigentlich echt schön. Etwas lang, aber es wurden immer mal wieder ein paar Sätze auf englisch gesagt, sodass wir wenigstens ein bisschen etwas verstanden haben und danach gab es dann Muffins und Tee. Nach einem kleinen, gemeinsamen Feuerwerk wendeten wir uns dann wieder unserem Brot und nun auch endlich unserem Kuchen zu. Als Festtagsschmaus gab es nun also frisches Nutellabrot und etwas später dann auch Schokokuchen (seit dem Harvest-Festival im November als „German Cake“ bekannt). Spät in der Nacht kamen wir dann gut gesättigt ins Bett, als es dann auch bei euch langsam wohl gegen 2018 tendierte:)

Pünktlich zum Beginn des neuen Jahres verirrte sich dann wohl eine Kobra in unseren Garten. Uns wurde zwar nur davon berichtet, allerdings hat uns das spätestens bei dem Kommentar: „Haltet eure Fenster geschlossen, damit ihr die Kobra nicht in eurem Bett vorfindet.“ Daran haben wir uns dann nur zu gern gehalten und waren dann doch beim Geraschel draußen etwas aufmerksamer als bisher. Aber auch in den nächsten Tagen hat sich die Kobra uns nicht persönlich vorgestellt, womit wir uns gut abfinden konnten:P

 

Kleiner Tipp: Die Fotos werden groß und bekommen Kommentare, wenn ihr drauf tippt ;-)

Nach den Weihnachtsferien sind dann auch unsere Programme wieder langsam angelaufen. Allerdings wirklich langsam, wodurch wir mehr Zeit im Gästehaus verbracht haben. Das war aber auch gar nicht so schlecht, denn mit Beginn des neuen Jahres ging es hier zu wie im Taubenschlag. Ständig kamen und gingen Leute und nun hatten wir im Rahmen unserer Gästehausarbeit auch wirklich etwas zu tun. Es war aber auch wirklich schön abends noch mit Teams Karten zu spielen, sich zu unterhalten und in die verschiedenen Konferenzen, die diese hier veranstalten reinzuschnuppern. Außerdem hatten wir in dieser Zeit für einen Monat zwei Medizinstudenten aus den USA hier, die im Krankenhaus nebenan mitgearbeitet haben. Zusammen mit ihnen sind wir dann auch endlich unser Event „alleine Bus fahren“ angegangen. Denn nun waren wir unserer Meinung nach lange genug hier, dass uns niemand mehr erzählen konnte, dass in den Bus ein- und wieder aussteigen zu kompliziert und gefährlich für uns ist. Und tatsächlich kam nach kurzem Warten ziemlich pünktlich (sogar pünktlicher als meine Schulbusse daheim) ein mittelgroßer mittelgrüner Bus, wie üblich ohne Türen. Im Bus werden wir auf die vordersten Plätze gelotst und fühlen uns wie DIE Sensation in Salem… Mit indischer Musik ging es dann durch die Vororte von Salem nach Gorimedu und von dort aus mit einer „Shared Rickshaw“ (einer etwas größeren Rickshaw, die wie ein Bus genutzt wird). In der Stadt angekommen haben wir verschiedene Läden ausgekundschaftet und waren schließlich in einem kleinen Restaurant essen. Der Kellner Balaji (ein älterer Herr) hat sofort meine „Ähnlichkeit“ zu seiner Tochter erkannt und hätte mich wahrscheinlich sofort adoptiert, worüber sich die anderen drei hervorragend amüsiert haben - besonders als er mich mit „my sweet child“ angesprochen hat… Na wie auch immer, auf jeden Fall hatten wir dort eine wirklich gute und witzige Zeit und haben das absolut beste Parota (gefühlt das aufwendigste indische Brot -  es wird ausgewellt, gefaltet, gezogen, geschlagen, nochmal gefallen, eingerollt und zu guter letzt wieder platt gedrückt) probiert:)

Am 13. Januar wurde in Tamil Nadu das Fest „Pongal“ gefeiert. Dabei handelt es sich um ein großes Erntedankfest, das von Christen, Muslimen und Hindus gefeiert wird (wenn auch jeweils etwas unterschiedlich). Und indisch feiern heißt, alles wird gaaaanz arg und kunterbunt geschmückt. So war nun vor jedem Haus ein Rogali aus buntem Pulver auf den Boden gemalt. Allerdings blieb das Pulver nicht auf dem Boden, sondern als Zeichen der Dankbarkeit wurden auch die Tiere in den verschiedensten Farben damit bemalt und überall war Zuckerrohr als Deko, z.B. als Torbogen, angebracht - dieses wurde allerdings im Laufe des Festes munter verputzt :D Auch im YMCA gab es eine große Pongal-Feier. Für uns hieß das zunächst einmal, dass wir uns zum ersten Mal selbst in unseren Saree einkleiden mussten. Ich habe wirklich Respekt vor den Frauen, die jeden Tag einen Saree tragen und diesen in 10 Minuten binden können. Unsere Geduld wurde bei diesem ersten Versuch ordentlich auf die Probe gestellt - wir haben mindestens eine starke Stunde gebraucht… Als wir dann glücklich im YMCA ankamen und sich immerhin niemand über unsere Sareebindekunst beschwert hat (was Inder aber ohnehin nie tun würden), durften wir fasziniert beobachten, wie so ein Rogali kurzerhand mit Hilfe eines etwas kompliziert aussehenden Punktesystems auf den Boden gemalt wurde. Beim anschließenden Ausmalen durften wir dann sogar etwas helfen und haben erneut festgestellt, dass es die indischen Frauen einfach drauf haben, denn so einfach wie das Ausmalen aussah, war es bei Weitem nicht. Parallel wurde in einem schlammbeschmierten Lehmtopf über dem offenen Feuer der süße Brei „Pongal“ gekocht und auch wir hatten ein „Zuckerrohr-Tor“. Nachdem dann auch endlich die Gäste angekommen waren, gab es den nun fertigen Pongal zu essen - schmeckt… „net schlecht“ :) Außerdem wurden extra Ziegen und Kühe gebracht, um ein gemeinsames typisches „Pongal“-Foto zu machen und es wurden viele verschiedene traditionelle Spiele gespielt. Beispielsweise gab es einen Wettbewerb im traditionellen Mannschaftsspiel „Cappadi“, Eierlauf (allerdings wurde hierbei der Löffel mit dem Mund transportiert und ja, auch wir durften uns darin versuchen - ziemlich schwierig) und es wurden extra ausgebildete Hähne für einen Hahnenkampf gebracht. Außerdem wurde ein mit Wasser gefüllter Tontopf ungefähr 4m über dem Boden aufgehängt und nacheinander wurde versucht, diesen mit einer ca. 2m langen Stange herunter zu schlagen. Allerdings wurden einem hierfür die Augen verbunden und so musste man vielleicht 6m vor dem Topf starten - sah ziemlich schwierig aus, aber war trotzdem nett anzuschauen;-) Das Highlight war eine ca 8m lange Stange, die wir am Abend zuvor mit Fett, Öl und Sand beschmiert und im Hof des YMCA aufgestellt hatten. Ziel hierbei war es bis ganz nach oben zu klettern und die Jungs haben das ach echt ziemlich lang ziemlich hartnäckig probiert, mussten aber schließlich unvollendeter Dinge aufgeben, da sich die Feier dem Ende neigte. Naja, immerhin blieb ihnen so die Enttäuschung des Preises erspart. Denn in dem Krug, der vielversprechend am oberen Ende der Stange hing, befand sich nichts weiter als ein Granatapfel - na die hätten sich bedankt, aber es war wohl grad nichts anderes da… :P Anschließend gab es noch Mittagessen und als Franzi und ich beim Zubereiten je ein Scheibchen Tomate stibitzt haben, zogen wir schockierte Blicke auf uns und Kommentare: „Die essen das ja roh!!“ Tja, so sind die Geschmäcker halt unterschiedlich… Das extrem süße Zuckerrohr, das es zu guter letzt und auf Kosten unseres „Zuckerrohr-Tors“ noch ganz traditionell zu knabbern gab, schmeckte aber allen:)

Das nächste große Event war der „Indian Republic Day“ am 26. Januar, der im YMCA mit einem Malwettbewerb gefeiert wurde. Ich war echt beeindruckt von den Malkünsten einiger Teilnehmer, aber noch beeindruckender fand ich die Art und Weise, wie dieser Nationalfeiertag zelebriert wurde. Zuerst versammelten sich alle auf dem Hof des YMCA, die Nationalhymne wurde gesungen und anschließend noch die tamilische Hymne. Außerdem gab es (glücklicher Weise recht kurze) Reden, es wurde salutiert und feierlich die indische Flagge gehisst. Indische Flaggen im Miniformat wurden auch verteilt, so dass am Ende jeder und jede eine solche am Hemd, Chudy oder Saree hatte. Für uns hatte das alles etwas befremdliches, ist man solchen Nationalstolz bei uns doch nicht gewohnt, aber ich fand es wirklich faszinierend und sehr eindrucksvoll und zudem war es einfach ein richtig schöner Tag. 

Eine Woche später stand für uns dann noch ein weiteres besonderes Erlebnis auf dem Programm: Wir waren zu unserer ersten indischen Hochzeit eingeladen. Wir kannten zwar weder die Braut oder den Bräutigam noch deren Familien, aber das war nur für uns komisch. Denn zu indischen Hochzeiten wird üblicher Weise sehr großzügig eingeladen (wir haben schon öfter von Hochzeiten mit 4000 Gästen gehört) und da Abraham und Jose vom YMCA ja auch eingeladen waren, haben wir kurzerhand eben auch eine Einladung erhalten. Als der Tag dann näher rückte waren wir doch etwas aufgeregt, aber als wir Abraham 

fragten, was denn dort genau auf uns zukomme oder ob wir irgendetwas wissen müssten, meinte er nur: „You just need to know how to eat a lot!“ („Das Einzige, was ihr wissen müsst, ist, wie man viel isst!“) - Und was soll ich sagen… Das wissen wir, also kein Problem :P Das sagt ja nun schon einiges über indische Hochzeiten aus, bezeichnend ist auch, dass die Hochzeit mit der Trauung um 10Uhr begann, wir aber erst zum Mittagessen und Gratulieren auf 13Uhr kamen. So kamen wir dort also an und es waren einfach unglaublich viele Menschen überall. In der Veranstaltungshalle angekommen, die dann doch etwas kitschig dekoriert war (ihr könnt euch ja gerne selbst ein Bild davon machen…), zogen wir natürlich wieder einige Blicke auf uns, waren aber eigentlich ziemlich überwältigt von der Masse an Eindrücken. Vorne auf einer Bühne stand das Hochzeitspaar und wurden mit jedem Gast fotografiert, nachdem dieser sein Geschenk übergeben und gratuliert hatte. Das heißt also, nach der Trauung steht das Hochzeitspaar stundenlang auf der Bühne, um beschenkt, beglückwünscht und dabei dokumentiert zu werden und demzufolge die ganze Zeit über zu lächeln. Nachdem auch wir endlich an der Reihe waren und unsere Glückwünsche und 

Geschenke überbracht haben - und dabei festg, estellt haben, dass die Braut längere Zeit in Deutschland war und daher fließend deutsch spricht - gingen auch wir zum zweiten, „wichtigsten“ Teil der Hochzeit über. Auch von Anblick des Essenssaals waren wir erstmal ziemlich überrollt, denn hier standen dutzende meterlange Tafeln und überall saßen Menschen - laufend wird Essen verteilt, abgeräumt und neu eingedeckt (sprich neue Papiertischdecke und ein Bananenblatt an jeden Platz). Wir hatten erstmal Mühe einen Platz zu finden, aber als wir dann endlich saßen wurde auch schon vor jedem von uns ein Bananenblatt ausgebreitet und es gab Biriany, Reis mit verschiedenen Soßen und den süßen Nachtisch (zum Trinken) Payasam. Es war wirklich ein Festmahl und ich kann nur bestätigen: Wir sind für indische Hochzeiten bestens geeignet - wir wissen definitiv wie man viel isst :P Anschließend ging es dann auch schon zurück zum YMCA und wir waren um eine eindrucksvolle Erfahrung reicher. Obwohl die Masse an Menschen das Fest recht unpersönlich macht, ist es unglaublich beeindruckend ein solches Fest einmal mitzuerleben und es war wirklich ein Geschenk dabei sein zu dürfen.

Für mich gab es dann Ende Januar noch ein Highlight der ganz besonderen Art: Wir hatten hier in Sharon Besuch von einem ziemlich großen Ärzteteam aus den USA. Diese haben kostenlose Operationen im Sharon Hospital, dem Krankenhaus hier auf dem Gelände, durchgeführt und so Menschen geholfen, die sich eine solche Operation unter normalen Umständen nicht hätten leisten können. Denn die IGL veranstaltet häufig Medical Camps, also kostenlose medizinische Untersuchungen, in den Dörfern um Salem und lädt alle, die eine Operation benötigen, in dieser Woche zu den kostenlosen Operationen ins Krankenhaus ein. Jedes Jahr zu dieser Zeit kommt dann das amerikanische Team und ist eine Woche quasi ununterbrochen 

im Einsatz. So operieren und behandeln die verschiedenen Spezialisten verschiedenste Probleme und geben den Menschen so eine unglaubliche Chance auf ein zumindest teilweise neues Leben. Das klingt jetzt vielleicht sehr optimistisch, aber es ist tatsächlich so. Auf unser Interesse hin durften wir bei verschiedenen Operationen dabei sein. So stand ich stundenlang im OP und war einfach fasziniert von der unglaublichen Arbeit die die Ärzte dort leisten. Beispielsweise durfte ich zuschauen, wie die Sehnen in der Hand einer Frau so geteilt und neu zusammengenäht wurden, dass sie diese zuvor unbewegbare Hand nun zumindest wieder teilweise benutzen kann, zum Beispiel zum Halten. Das erleichtert ihr sicher einiges und macht ihr gewisse Dinge wieder möglich, die es davor eben nicht mehr waren und schenkt auf diese Weise tatsächlich ein Stück neues Leben. Ich finde es einfach wunderbar, wie die Ärzte das Leben von Menschen auf diese Art verändern und verbessern können. Und ich bin wirklich dankbar für die Möglichkeit, bei solchen Operationen zuschauen zu dürfen und obendrein noch einiges erklärt zu bekommen, was in Deutschland sicher nicht so einfach möglich gewesen wäre.

 

Ihr seht, der Januar hielt neben unserer normalen Arbeit, die nach wie vor Spaß macht, viele tolle Erlebnissen und wertvolle Einblicke in die indische Kultur für uns bereit. Ich genieße die Zeit hier wirklich sehr und bin unendlich dankbar hier sein zu dürfen. Ich bin gespannt, was die restliche Zeit noch so bringen wird… :)

 

Ganz liebe Grüße aus Indien,

Johanna

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