Kleine Freuden in Madurai

Guten Morgen:)

Während es bei euch jetzt ja anscheinend richtig Winter ist, wird es bei uns jetzt Herbst und immer wärmer. Klingt vielleicht erstmal komisch, ist aber voll logisch. Denn hier verlieren die Bäume ihre Blätter eben nicht wie daheim wegen der Kälte, sondern weil es zu heiß wird. Daher sind die Jahreszeiten hier Winter-Herbst-Sommer-Frühling. Aber genug Theorie, auf jeden Fall wird es langsam echt warm und wir versuchen die Zeit, in der es jetzt ja eigentlich noch nicht richtig Sommer ist, für einige Ausflüge zu nutzen.

So haben wir uns am 28.01 auf den Weg gemacht, um Selli und Debby, die beiden Freiwilligen im YMCA Madurai, zu besuchen. Glücklicher Weise gibt es direkte „Non Stop“-Busse von Salem nach Madurai, die dann eben nur fünf mal unterwegs halten:P So ist man dann in nur fünf Stunden im südlicher gelegenen Madurai. Der Bus war viel zu voll und es war viel zu warm und so waren wir echt dankbar, endlich in Madurai anzukommen. Da waren wir nun also in der Stadt von der wir schon so viel gehört hatten. Auf der Rickshawfahrt vom Busstand zum YMCA Hostel hatten wir dann auch gleich die Chance, einen Eindruck von der Stadt zu bekommen: Bunt, laut, voll… indisch eben. Ehrlich gesagt hätten wir es uns etwas städtischer vorgestellt, aber das war ja nur der erste Eindruck, also erstmal abwarten und immerhin soll man hier ganz toll (und vor allem für indische Verhältnisse echt entspannt) einkaufen können - geben wir dem Ganzen doch mal eine Chance :D 

Angekommen im Hostel quatschen wir uns erstmal mit Selli und Debby auf deren Zimmer fest, beschließen dann aber den Tag noch zu nutzen und machen uns auf zu einem Spaziergang (bei dem wir auf diesen wunderschönen regenbogenfarbenen Regenschirmtunnel getroffen sind:D ) um den berühmten Maenakshi-Tempel, der quasi direkt um die Ecke ist. Kurze Info für alle, die sich im Hinduismus dann doch nicht ganz so gut auskennen: Maenakshi ist die Frau Shivas und soll vor vielen vielen Jahren in einem See im Wald neben dem damaligen Dorf Madurai geboren worden sein. Dem Glauben der Hinduisten zufolge wurde sie mit der sogenannten „dritten Brust“ geboren, die sie unbesiegbar machte. So gewann sie viele Kämpfe gegen verschiedene Königshäuser bis sie irgendwann im Kampf auf Shiva traf. Dieser hatte das „dritte Auge“, wodurch auch er unbesiegbar war und so nahm der Kampf der beiden logischer Weise kein Ende. Nach einiger Zeit des Kämpfens beschlossen sie dann, dass es doch unter diesen Umständen viel 

sinnvoller sei, einfach zu heiraten, anstatt sich weiter zu bekämpfen. Und so kam es. Während der Hochzeitszeremonie verschwand nun aber Maenakshis „dritte Brust“, nun war sie also wieder verwundbar. Aufgrund dessen ließ Shiva zu ihrem Schutz einen Tempel um seine Frau bauen, an dem Ort, an dem sie einst geboren wurde (im Innern des Tempels befindet sich ein Teich). Heute ist der Maenakshi-Tempel als besonders alter und großer Tempel ziemlich berühmt und ist vor allem ein wichtiges Pilgerziel. Denn Shiva soll gesagt haben, dass man ihn einmal im Leben gesehen haben soll, zuvor aber soll man seine Frau gesehen haben. 

Dementsprechend haben wir also ziemlich viele Pilger und sogar ausländische Touristen gesehen, als wir spazieren waren. Mein und FranzisHighlight auf diesem Spaziergang war, als wir entdeckt haben, dass die Straße um den Tempel herum gepflastert ist und (wir waren wirklich fasziniert), dass dieser Bereich sogar eine Fußgängerzone ist. Ich hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass ich hier auf eine gepflasterte, autofreie Fußgängerzone treffen würde… Nach einem kleinen Spaziergang um den Tempel sind wir dann zurück zum Hostel und von dort aus zum Boyshome, ein Kinderheim für Jungs vom YMCA Madurai. Dort haben wir mit den Kindern gespielt und es war wirklich faszinierend, wie die Jungs einfach 1 1/2 h lang Spaß am UNO spielen haben. Es war echt nett und die Kids sind halt einfach goldig :)

Nachdem wir am Abend dann noch eine ganze Weile geredet haben, konnten wir am nächsten Morgen erstmal ausschlafen. Nach einem späten und ausgiebigen Frühstück haben Franzi und ich uns dann aufgemacht, um den berühmten Tempel vin innen zu erkunden. Allerdings hat sich das ehrlich gesagt etwas schwieriger gestaltet als wir das erwartet hatten. Angefangen schon beim Finden des richtigen Eingangs… Denn als wir unsere Schuhe abgegeben und das erste Tor passiert hatten, standen wir dann also irgendwie schon n bisschen im Innern des Tempels, aber eben noch nicht so richtig. Das Problem war aber, dass wir kein weiteres Tor gefunden haben, nur einen Weg um den Tempel herum, Kühe, Bauernhofgeruch und ganz viele Menschen, die größtenteils in einer Schlange am linken Wegesrand standen. Da wir aber nicht wussten, für was diese anstehen, haben wir uns entschieden, erstmal an der Schlange vorbeizulaufen und zu schauen, was dann noch so kommt. Es war die richtige Entscheidung, denn so fanden wir endlich den Eingang zum Innern des Tempels und wurden erstmal von einer Menschenmasse überflutet. Die Deckenbemalung im Tempel ist ziemlich schön und es ist schon interessant, was die Leute hier drin so machen. Aber es ist für uns eben sehr fremd: Da ist eine unglaublich lange Schlange an Menschen, die anstehen, um in das Innerste des Tempels gehen und irgendwelche Götterfiguren sehen zu dürfen, ganze Großfamilien sind dort unterwegs, festlich geschmückte Frauen und bemalte Männer in traditionellen Gewändern, es wird geheiratet und überall finden religiöse Rituale statt. Im Innern befindet sich ein Wasserbecken, das als der Teich gilt, in dem Maenackshi geboren wurde. Zu den meisten Bereichen hier im Tempel haben wir als Nicht-Hindus gar keinen Zutritt, aber es war dann auch okay, als wir nach doch nicht all zu langer Zeit wieder zurück zum YMCA kamen. 

 

 

Mittags haben wir dann die Tatsache genutzt, dass man hier in Madurai viel besser und entspannter einkaufen kann als bei uns in Salem. Denn es gibt Fußgängerzonen und eine deutlich größere Auswahl an Geschäften, die eine größere Auswahl anbieten als daheim. Zudem sind die Madurai-Mädels schon wesentlich shopping-erprobter als wir und so haben wir die Gelegenheit genutzt, unsere Kleiderschränke etwas zu füllen. Sogar mir hat das Einkaufen dort dann ein bisschen Spaß gemacht und war waren mit drei Chudys und einem Nighty (Nachtkleid) echt erfolgreich. Abends gab es dann erstmal eine „Nightyparty“ mit leckerer Ananas :P

 

Am nächsten Tag haben wir die Mädels dann zu ihrem Hauptprojekt begleitet: Eine Schule für ca. 100 geistig und körperlich behinderte Kinder. Die Kinder sind dort jeden Tag von 9:30 bis 15:30, haben in kleinen Klassen Unterricht, spielen und leben dort im Rahmen der Möglichkeiten zusammen. Wir haben eine Führung über das wirklich sehr schöne Schulgelände bekommen und nachmittags mit einigen Kindern Ball gespielt und getanzt. Es war so schön zu sehen, wie sich gefreut haben und wie sie beim Tanzen abgegangen sind. Die Kinder sind so süß und es hat echt Spaß gemacht, Zeit mit ihnen zu verbringen, aber ich habe wirklich Respekt vor der Arbeit der Menschen hier.

Wir können so viel von diesen Kindern lernen. Die Unbeschwertheit, mit der sie ihr Leben trotz der Schwierigkeiten leben und die Freunde und Dankbarkeit für so ganz kleine alltägliche Dinge. Ich hab das Gefühl für diese kleinen Freuden verlieren wir im stressigen Alltag und besonders, wenn es mal schwierig wird, oft den Blick. Wie oft fokussieren wir uns auf die negativen Dinge, die uns schwer fallen und nicht so klappen, wie wir uns das vorstellen, und vergessen darüber all die großen und kleinen wundervollen Dinge im Leben… Lasst uns doch den kleinen schönen Dingen mehr Aufmerksamkeit schenken und ihnen die Chance geben, unser Leben auch wenn es mal dunkel, langweilig oder stressig scheint, mit wundervollen Farben bunt zu färben. Denn es gibt da jemanden, der will unser Bestes und hat einen Plan für dein Leben und für mein Leben und will mit all den bunten Farben ein Meisterwerk daraus erschaffen. Lasst uns doch im Alltag einfach mal innehalten, um diese Farben wahrzunehmen und uns davon beglücken lassen. Und ihm ab und zu auch einfach mal Danke sagen :D 

 

Ich wünsche euch für die nächsten Wochen ganz bsonders, dass ihr die großen und kleinen Glücksmomente in eurem Leben bewusst wahrnehmen und dafür dankbar sein könnt.

 

Ganz liebe Grüße aus Indien,

Johanna

 

"Jeden Tag, Gott, will ich dir danken; immer, ohne Ende, will ich dich preisen!"

Psalm 145,2

 

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